Theater und Kulturprojekte mit und über Menschen mit Demenz in der ufaFabrik - Abschlussveranstaltung in der ufaFabrik

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Projekt: 
Vergissmeinnicht

Im Juni 2014 fand von 11-16 Uhr in der ufaFabik in Berlin-Tempelhof der Kulturtag für Menschen mit Demenz statt. Neben den Aufführungen der beiden Theaterstücke kamen zahlreiche Vertreter aus den Bereichen Politik, Soziales und Kultur zu Wort und unterschiedliche Akteure präsentierten Kulturangebote für Menschen mit Demenz.


Der Auftakt
In ihrem Grußwort wies Frau Dr. Sibyll Klotz, Bezirksstadträtin für Gesundheit, Soziales, Stadtentwicklung in Tempelhof-Schöneberg, auf die Möglichkeiten und Potenziale von Menschen mit Demenz hin und brachte ihre Bewunderung darüber zum Ausdruck, wie es gelungen ist, diese Menschen aktiv in ein Theaterstück zu integrieren.

 

Das Theaterstück "Ein Schiff wird kommen"
Menschen mit und ohne Demenz gemeinsam auf der Bühne

Mit wieviel Spaß und Begeisterung die Spielerinnen und Spieler mit und ohne Demenz dabei waren, konnten die Zuschauer in der anschließenden Präsentation der Inszenierung "Ein Schiff wird kommen" erleben. Trotz ungewohnter Umgebung war es vor allem für die Spielerinnen und Spieler mit Demenz eine wunderbare Erfahrung, ihr Können vor einem so großen und vor allem begeisterten Publikum zu demonstrieren.

 

Die Themeninseln
Ein buntes Rahmenprogramm von Menschen, die etwas bewegen

In der anschließenden Pause gab es für die Besucher die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich an vier Themeninseln über die verschiedene Kulturangebote für Menschen mit Demenz zu informieren. An den einzelnden Stationen erläuterten Praktiker und Praktikerinnen Problemstellungen, wiesen auf Lösungen hin und gaben praktische Beispiele ihrer Arbeit.

Themeninsel "Augenblicke im Museum"
Führungen für Menschen mit Demenz in der Gemäldegalerie

Seit Januar 2013 können einmal im Monat können Menschen mit Demenz gemeinsam mit Angehörigen oder Begleitpersonen in der Berliner Gemäldegalerie die weltberühmten Werke der Alten Meister unter verschiedenen Aspekten erleben. Welche Themen behandelt werden, wer die Führungen durchführt und viele Fragen mehr hat Bettina Held gemeinsam mit Andrea Ackermann von der Alzheimer Gesellschaft Berlin e.V. am Kulturtag beantwortet.

Zusammenfassung eines Interviews mit Bettina Held im Anschluss an den Kulturtag:
Bettina Held hat diese Initiative 2012 in Berlin ins Leben gerufen. Von Anfang an war für sie die Berliner Alzheimer-Gesellschaft ein sehr wichtiger Partner. Wenn es ihre Zeit erlaubt, nimmt sie selbst an den Führungen teil, oder versucht, Kunst „mit allen Sinnen, für alle genußvoll“ für Menschen mit und ohne Demenz erfahrbar zu machen. Der Kulturtag hat ihr sehr gefallen und sie findet, dass sich alle in Berlin vernetzen sollten, die sich mit Kultur und Demenz beschäftigen. Sie hofft, dass der Bundesverband Kulturgeragogik, der im November 2014 gegründet wurde, dabei mitwirken kann.

Weiterführende Links:
Aktuelle Termine zu den Museumsbesuchen in Berlin: www.alzheimer-berlin.de/
Informationen zum Bundesverband Kulturgeragogik: www.kulturgeragogik.de/


Themeninsel "Clowns und Menschen mit Demenz"
Lachend erinnern mit Clowns

Seit 2009 gehen die Potsdamer Klinikclowns auf die Suche „nach der Tür, durch die Licht ins Herz fällt und nach den Flöhen, die Zwerchfelle hüpfen lassen“. Sie gehen an Orte, wo es manchmal schwer fällt, die heilsame Wirkung des Lachens zu erleben. Helga Schimonsky alias Frollein Cloudine ist einer davon. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Julia Gotzmann hat sie am Kulturtag eifrig die Fragen der vielen Besucherinnen und Besucher beantwortet und fand mit ihrem bunten Kostüm auch sicherlich den einen oder anderen Floh.

Zusammenfassung eines Interviews mit Helga Schimonsky im Anschluss an den Kulturtag:
Einmal im Monat geht sie auch selbst auf die Suche. Ob mit Musik, Gesang, Jongleurtüchern, Seifenblasen oder Worten und Gesten versucht sie, die Atmosphäre für Menschen aus unterschiedlichen Einrichtungen aufzuhellen und alle darin mitzunehmen. Sie hatte schon viele schöne Begegnungen und erlebt jedes Mal, wie viel Freude ein Besuch den Menschen bringen kann. Diese Freude nimmt sie auch immer mit nach Hause. Für sie war der Kulturtag wichtig und richtig. Sie wünscht sich auch im Alltag mehr solcher „wirklichen Begegnungen, die echt und ehrlich sind“ und für das menschliche Miteinander mehr Zeit und Möglichkeiten, um solche Momente zu erleben.

Weiterführende Links:
www.potsdamer-klinikclowns.de


Themeninsel "Märchen als Türöffner"
Jung und Alt auf Märchenreise

Fast wie im Märchen. Wer am Kulturtag nur richtig gesucht hatte, konnte, etwas abgelegen, einen liebevoll mit Requisiten aus Märchen und Fotos gestalteten Raum entdecken. Dort verwandelte sich die Geschichtenerzählerin und Theaterpädagogin Birgit Hägele in immer wieder neue Märchenfiguren, beantwortete Fragen und nahm die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Reise in die Welt der Märchen.

Zusammenfassung eines Interviews mit Birgit Hägele im Anschluss an den Kulturtag:
Solche Reisen unternimmt sie seit März 2013 jeden Dienstag in der Tagespflege auf der “Roten Insel” in Berlin-Schöneberg. Kitakinder aus der Nachbarschaft lauschen gemeinsam mit Seniorinnen und Senioren einem von Birgit Hägele frei erzählten, bekannten Märchen der Gebrüder Grimm. Beide Generationen verbringen an diesen Vormittagen, bereichert durch Spiele und Lieder, eine wahrlich märchenhafte Zeit miteinander und genießen die Geborgenheit in dieser fast familiären Atmosphäre. Die Freude ist groß, wenn man sich außerhalb der Märchenstunde beim Bäcker, auf der Straße oder im Park wiederbegegnet. Auch Birgit Hägele ist sehr glücklich mit diesem Projekt. So konnte sie ihren „geliebten Beruf mit dem Wunsch danach, Generationen in der Nachbarschaft zusammenzubringen, verbinden. Dadurch, dass die Tagespflege und die Kindertagesstätte nicht weit voneinander entfernt liegen, entstehen Synergieeffekte wie nebenbei.“ Ihr Wunsch ist, dieses Projekt an anderen Orten zu etablieren, um Stadtteile "demenzfreundlicher" zu gestalten und Orte zu schaffen, die Generationen verbinden.

Weiterführende Links:
Informationen zum Projekt www.birgit-haegele.de
Informationen zu Kiezprojekt (Berlin-Schöneberg) www.taeks.de


Themeninsel "Trommeln trotz(t) Demenz"
Ein Projekt des DRK LV Berliner Rotes Kreuz

Trommeln macht glücklich. Die Anleitung dazu gab Ricarda Raabe, Altenpflegerin, Sozialarbeiterin und Drum Circle Moderatorin all jenen, die bis zum Schluss ausgeharrt hatten. Eine bunte Trommelgruppe „rockte“ mit ihr gemeinsam den Saal der ufaFabrik. Über 20 Menschen mit und ohne Demenz aus dem Drum Circle der „Villa Albrecht“ des DRK hatten begeistert die Einladung angenommen, an diesem Tag zum ersten Mal vor Publikum ihr Können unter Beweis zu stellen. Auch das Publikum durfte „mitgrooven“. Heraus kam eine Percussion, die den Eindruck erweckte, alle hätten den gleichen Rhythmus.

Zusammenfassung eines Interviews mit Ricarda Raabe im Anschluss an den Kulturtag:
Dass alle den gleich Rhytmus haben, davon ist Ricarda Raabe fest überzeugt. „Man muss nur aufeinander hören und den Kopf frei machen für den Moment. Dann können berührende musikalische Augenblicke entstehen.“ Solche besonderen Momente erlebt sie jeden 2. und 4. Freitag im Monat. Dann folgen 20 Menschen mit und ohne Demenz der Einladung zum Drum Circle in der „Villa Albrecht“ in Tempelhof. Eingeladen sind alle, unabhängig von Alter, Kultur oder sozialer Herkunft, um gemeinsam mit Menschen mit Demenz zu musizieren. Sie hofft, dass auch andere Akteure in Zukunft die Möglichkeit bekommen und den Mut haben, sich in ähnlicher Weise auf der Bühne zu präsentieren.

Weiterführende Links:
Informationen zu Ricarda Raabe www.lust-auf-trommeln.de
Informationen zu Drum Circle in der Villa Albrecht (Berlin-Tempelhof) www.drk-berlin.de/angebote/villa-albrecht


Das Theaterstück "Eine andere Welt - ein Stück über das Annehmen und Loslassen" der Gruppe Ostschwung

Im Anschluss an die Pause fanden sich dann alle wieder im Saal der ufaFabrik zusammen um mit Hilfe der Inszenierung der Gruppe OstSchwung unter der Leitung von Dieter Bolte einen teilweise heiteren, oftmals aber auch sehr beklemmenden Eindruck von der Welt der Angehörigen und Pflegekräfte zu bekommen.


Bilanz des Tages und Ausblick von Klaus Pawletko, Freunde alter Menschen e.V.

Eindrucksvoll war auch der Vortrag am Ende der Veranstaltung. Klaus Pawletko hat auf sehr humorvolle, aber auch kritische Weise deutlich gemacht, was seiner Meinung nach bei allen Bemühungen, die Situation von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen zu verbessern, das Maß aller Dinge sein sollte: Nämlich die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen selbst. Vielleicht kann das Nachdenken darüber, was jeder einzelne sich selbst in einer solchen Lage wünscht und erhofft, am ehesten zu einem Perspektivenwechsel beitragen. Ob nun seine Hoffnung auf „Casablanca“ in Endlosschleife und ein „echtes Bier“ beim Stammtisch mit Freunden von allen geteilt wird, ist fraglich. Sicherlich wird man aber seine Hoffnung teilen, dass durch die Mitwirkung aller, es igrendwann einmal zur Normalität wird, dass Menschen mit Demenz unter uns leben, wie jeder andere auch.