Auf Dauer gesehen wäre es meiner Meinung nach für das Projekt am besten, wenn die ehrenamtlichen Mitglieder deutlich überwiegen würden.
Bericht vom zweiten Workshop zur demenzfreundlichen Kommune
Aus Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen kamen in Hamm 23 Beteiligtezum Erfahrungsaustausch zusammen. Sie nahmen seit 2009 in einer der drei Phasen des Förderprogramms der Robert Bosch Stiftung „Menschen mit Demenz in der Kommune“ teil. Aktion Demenz, als konzeptionell und organisatorisch für das Programm verantwortlich zeichnende Organisation, hatte in räumlicher Nähe zueinander liegende Projekte und Initiativen eingeladen. Der erste Workshop fand im Dezember 2013 für nördliche und östliche Bundesländer in Berlin statt.
Auch in Wiesbaden stand die Absicht im Zentrum, sich insbesondere mit Schwierigkeiten und Hürden zu befassen und gemeinsam darüber nachzudenken, wie die bisherigen Methoden und Ansätze verbessert werden können.
Mit ausreichend Zeit für Berichte von den Projekten war es möglich, sich untereinander besser kennen zu lernen. Viele hatten die Erfahrung gemacht, dass ihre Pläne anfangs zu hoch gesteckt waren oder sich Hindernisse in den Weg stellten, die sie so nicht erwartet hatten. Trotz dem Gefühl der Ernüchterung gewannen jedoch auch die erzielten Einsichten und Erfolge an Gewicht. So war beispielsweise eine Nachbargemeinde vom Aufbau einer Kulturscheune so beeindruckt, dass auch dort ein Gemeinschaftscafé eröffnet wurde. Auch wenn sich die Zugänge zu den Zielgruppen zwar vielfach als zäh erwiesen, so kann nun doch auf ein reiches Erfahrungswissen zurückgegriffen werden.
Die Projekte der dritten Förderrunde hat Dr. Charlotte Jurk mit einer Evaluation untersucht. Im Rahmen des Workshops referierte sie ihre Ergebnisse. Sie unterschied zwei verschiedene Ansätze: Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Angebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Sie bestätigte den Aspekt der hohen Ziele und bemerkte, dass es eine Neigung gibt, mit den positiven Darstellungen die Probleme der Demenz zu überdecken. Als grösste Schwierigkeit erwies es sich, die Angehörigen zu erreichen. Die nachfolgende Diskussion konzentrierte sich auf zwei Themenkomplexe. Zum einen beklagen viele Aktive die mentale Barriere, Hilfe nicht annehmen zu können. Zum anderen gibt es Konfliktstoff im Feld des Ehrenamts: Durch die Entlohnung (Aufwandsentschädigung) von ehrenamtlicher Arbeit sehen viele eine Entwicklung, die zu einer weiteren Ausbeutungsmethode im Sozialen Sektor führt. Andere sehen in der Entschädigung eine wichtige Anerkennung.
Im weiteren Verlauf widmeten sich die Teilnehmenden grundsätzlichen Fragen wie der Definition von Begriffen wie „Demenz als Krankheit“ oder auch der Verwendung von „freundlich“ im Bezug auf Demenz.
Oliver Schultz, schilderte eindrucksvolle Erfahrungen in seiner Annäherung an Menschen mit Demenz mit „Blickwechsel“. Aus der Perspektive der Kunst wird in diesem Projekt das schöpferische und eigenwillige Potenzial von Demenz erkannt. Die Kraft, die hier aufblitzt, schön und zugleich erschreckend, beschreibt er als „Blitz in Zeitlupe“. Er plädiert dafür, den Menschen mit Demenz einen Ort und Raum zu geben, in dem „sie sich wieder etwas trauen“, auch wenn dies bedeutet, Leere im Bild und Uneindeutigkeiten in Aussagen auszuhalten.
Im Ausblick wurde deutlich, dass sich fast alle Projekte mit gesteigertem bürokratischem Aufwand einerseits und enormen Problemen der Verstetigung andererseits konfrontiert sehen. Dies steht in krassem Gegensatz zu stetig wachsenden Nachfragen nach Expertise und Versorgung wie auch dem sehr gewünschten kontinuierlichen Erfahrungsaustausch. Erhofft wird, dass eine verstärkte Außendarstellung die Kommunen davon überzeugt, sich finanziell zu beteiligen.
Das nächste regionale Treffen findet für die südliche Region in Zellingen statt.